Bad Wilsnack • »Selber Schuld – Frauen sind stark – Warum nutzt Ihr sie nicht, die Kraft der Frauen«

Die Initiative Prignitzer Frauenforum lud im Rahmen der 28. Brandenburgischen Frauenwoche zum Filmabend: »Ökonomie des Glücks«, veranstaltete eine thematische Begegnung am zentralen Ort mit einen 100-Dollar-Lauf, einem Ausstellungsturm im Atelier am Wunderort, einem fairen, regionalen Buffet und begleitete die 33 Frauen und Männer während dieses Begegnungstages.

»Bei jeder Kaufentscheidung, die ich im Leben treffe, könnte ich fragen, welche Folgen sie in unserer Gesellschaft für das Soziale Miteinander hat, für die Ökonomie und für die Ökologie. Wäre ich Gastwirt in einem Dorf und würde bei der Vorbereitung von großen Festen immer wieder nur den Preis im Blick nehmen, und nur in einen riesigen Supermarkt gehen, in dem ich alles und das noch besonders billig bekomme, dann kann ich nicht die örtliche Bäckerin, die Bäuerin, die Gärtnerin vor Ort mit in den Wirtschaftskreislauf einbeziehen, die hier ihre Steuern zahlt. Wenn ich zu den »Kauf-Riesen gehe, mit wohlmöglich steuerfreiem Firmensitz, werde ich nach einiger Zeit merken, dass die die kleinen, familiengeführten Läden vor Ort schließen, der Ort an Lebendigkeit verliert und die Menschen nicht mehr in meinem Dorf arbeiten können und in Folge weite Wege zum Job zurücklegen müssen«.
So jedenfalls beschrieben die Teilnehmenden die Situation, nach dem sie den Film »Ökonomie des Glücks« von Helena Norberg-Hodge gesehen hatten, ihre eigenen Handlungsmöglichkeiten im ländlichen Raum in Gesprächen am lokalen, fair gehandelten Produkt-Buffet und bei regional gepressten Apfelsaftsorten diskutierten.

In vielen kleinen Gesprächsgruppen fragten sich die Frauen: »Ist es unsere Verantwortung, bei unseren Entscheidungen immer auch Mensch und Natur in den Blick zu nehmen?« Und was hat das mit der Fragestellung der diesjährigen 28. Brandenburgischen Frauenwoche: »Selber Schuld« zu tun? Viele Frauen schlugen konkrete Projekte des Engagements vor, die einen toleranten und solidarischen Umgang aller Menschen in ihrer Umgebung befördern können, wie Gemeinschaftsgärten, Zumbakurse.

Im ersten Teil der Begegnung ging es thematisch auch um die Sensibilisierung für ungleiche Chancenverteilung in unserer Gesellschaft, in unserer Welt. Anhand des Rollenspiels 100-Dollar Lauf erlebten die TN, wie ungleiche Lebensbedingungen und Chancenverteilungen das Vorwärtskommen befördern oder behindern und wo individuell hemmende bzw. förderliche Faktoren in soziale Ungleichheit führen und oft Diskriminierung zur Folge haben. Mehrere Personen erhielten für das Spiel eine neue »Identität«, eine Rolle. Sie beantworteten Fragen, in dem sie stellvertretend bei Ja eine Fußlänge vorwärts gingen und bei Nein stehen geblieben sind. Die Frage an das Publikum: Warum sind einige ein großes Stück vorgegangen und andere nicht? Nun, einige besitzen Land, andere nicht, einige leben in Frieden, andere nicht, einige schuften in Textilfirmen für 1 Dollar am Tag, andere erben Millionen.

Eine Frau sagte: »Die wenigsten Menschen können sich, meiner Meinung nach, von Mitschuld an dem verheerenden Maß einer ausschließlich konsumorientierten Gesellschaft frei sprechen. Es zerstört unseren natürlich Lebensraum, führt zu Krankheit und Schmerz, den wir all zu gern verdrängen. Es ist möglich, die eigene Scham für unser Fehlverhalten nachdrücklich und in Würde zu bekennen – und, es ist heilsam. Es gilt, immer tiefere Fragen zu stellen. Fragen nach unseren wahren Bedürfnissen, unserer Beziehung zu unserem Leben auf der Erde und unseren Visionen für die Zukunft.« »Selber Schuld?« ist ein sehr provokatives Motto der brandenburgischen Frauenwoche 2018 und führte in Wilsnack zu Diskussionen und Statements, die Frauen an eine Pinnwand, die mit vielen Fußabdrücken versehen war. Was können sie selbst in ihrer eigenen Region tun? Wer unterstützt sie dabei? Sehr nachdrücklich war in einem Gespräch vernehmbar: »Vereinfacht gesagt, entsteht eine nachhaltige Gesellschaft dann, wenn alle anfangen, die Nebenwirkungen ihres Handelns in ihren Entscheidungen zu berücksichtigen und auch die nachfolgende Generationen bei diesen Überlegungen Raum zu geben. Auch wenn wir heute noch nicht genau wissen, welche Bedürfnisse nachfolgende Generationen haben werden, so wissen wir doch, dass sie wie wir auch eine intakte Natur, eine intakte Wirtschaft und eine intakte Gesellschaft benötigen.

Dieses Zitat von Joanna Marcy gab Schauspielerin Chady Seubert den Besucherinnen nach dem Begegnungstag in Bad Wilsnack mit nach Hause: »Der Akt des Mutes, der Kühnheit und der Liebe, den wir vollziehen, wenn wir uns trauen, die Welt so zu sehen, wie sie ist, lässt eine neue Sicht auf die Welt entstehen.

Prignitzer Frauenforum
Simone Ahrend, Chady Seubert, Kerstin Markwart, Christa Bracklow, Jane Glaser

Die Initiative Prignitzer Frauenforum dankt dem MASGF für die Förderung und dem Atelier am Wunderort für die großartige Gastlichkeit.

Text und Fotos: Simone Ahrend, sah-photo.de

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