WIR FEIERN! 30 Jahre Frauenpolitischer Rat

Anlässlich des 30. Jubiläums des Frauenpolitischen Rats Land Brandenburg e.V. möchten wir in einer Open-Air-Festveranstaltung das Engagement unserer Gründerinnen und Mitstreiterinnen würdigen, das bereits Erreichte feiern und auf die Arbeit, die noch vor uns liegt, hinweisen!

Samstag, 3. September 2022 ab 15 Uhr
Hof des Deutschen Gewerkschaftsbundes / Breite Str. 9A, 14667 Potsdam

Neben einem bunten „Markt der Möglichkeiten“, gestaltet von unseren Mitgliedsorganisationen, erwartet Sie ein vielfältiges Bühnenprogramm mit spannenden politischen und kulturellen Beiträgen. Wir freuen uns unter anderem, Annalena Baerbock, Brandenburgs Frauenministerin Ursula Nonnemacher sowie WZB Präsidentin Prof. Dr. Jutta Allmendinger als Rednerinnen begrüßen zu dürfen und „The Impact Company“ Gründerin Yolanda Sylvana Rother als Moderatorin gewinnen zu können. Kultureller Höhepunkt ist die gemeinsame Performance der Spoken-Word-Künstlerin Tanasgol Sabbagh mit dem Jazz-Trio Feature Ring und musikalisches Highlight der Auftritt von Bernadette La Hengst am Abend.

Nähere Informationen zum Programm und der Anmeldung finden Sie hier.

 

25 Jahre Frauenpolitischer Rat

Es ist ein seltenes Bild, aber auch eines, das mit Stolz und Freude erfüllt: Etwa 200 Frauen sitzen im Plenarsaal des Brandenburgischen Landtages und lauschen den Worten und Liedern anderer Frauen. Und noch viel besser: Sie feiern sich und ihre Leistungen der letzten 25 Jahre Frauen- und Gleichstellungspolitik im Land Brandenburg. Zur Veranstaltung mit dem Motto „Anecken bis es rundläuft“ hat der Frauenpolitische Rat Land Brandenburg mit der Landtagspräsidentin Britta Stark zusammen eingeladen.

Nach dem Sektempfang und der Begrüßung in der Lobby, performt Bernadette La Hengst einen Song, während im Hintergrund Bilder aus 25 Jahren frauenpolitischer Arbeit in Brandenburg an eine Wand des Saals projiziert werden.

Die Landtagspräsidentin Britta Stark, Staatssekretärin Almuth Hartwig-Tiedt und die Landesgleichstellungsbeauftragte Monika von der Lippe richten Grußworte an die Gäste und erzählen, was sie an 25 Jahren frauenpolitischer Arbeit im Land Brandenburg bewegt.

Anschließend gibt es einen Input von Stefanie Lohaus, Mitgründerin und Mitherausgeberin des Missy Magazine. Sie spricht über aktuelle frauenpolitischer Herausforderungen anhand von drei Beispielen: Antifeminismus der AfD, der Kopftuchdebatte und antimuslimischem Rassismus und dem Kampf der Hebammen um ihr berufliches Überleben.

Dann steht der Hauptteil der Veranstaltung auf dem Programm: die fünf Meilensteine der frauenpolitischen Arbeit seit 1992.

 

„Sich versammeln“ – Frauenpolitischer Runder Tisch, Gründung des FPR und 1. Brandenburgische Frauenwoche

Ines Dietrich, eine der aktiven Frauen aus der Gründungszeit des FPR, macht deutlich, wie sich die Frauen nach der politischen Wende fühlten: es gab Ängste vor Veränderungen und davor Errungenschaften einbüßen zu müssen. Sie erinnert sich, dass viele Frauen in der Umbruchszeit unter Gleichgesinnten sein wollten und sich dafür im Frauenzentrum trafen. Ines Dietrich hat im Verbindungsbüro des Deutschen Frauenrates gearbeitet, um die Zusammenarbeit zwischen Ost- und West voranzubringen.

1991 wurde dann im Frauenzentrum zum Runden Tisch geladen. Frauen verschiedener Vereine und Gruppen trafen sich und haben einfach – oft nach der Arbeit und Kinderbetreuung – losgelegt. Vor allem die Kita-Kürzungen waren ein großes Thema für die Frauen, aber auch Arbeitsplätze, ABM-Projekte, Frauenhäuser und Frauenzentren. Um die Institutionalisierung als Landesfrauenrat gab es Kontroversen, viele wollten kein Landesfrauenrat wie im Westen werden, da befürchtet wurde nicht mehr basisdemokratisch und unabhängig arbeiten zu können, doch für einen Runden Tisch gab es keine finanzielle Förderung. Deshalb blieben die Frauen im besten Sinne stur, arbeiteten hitzig an der Vereinsstruktur und schließlich … wurde der Frauenpolitische Rat geboren.

Anschließend tritt Marina Grasse ans Rednerinnenpult und erzählt von der Gründung der Brandenburgischen Frauenwoche. Ziel war es, die Frauen aufzurütteln und sie zu aktivieren. Besonders sichtbar wurde dies bei der Ausstellung „Sind wir das?!“, die Frauen dazu aufrief sich zu wehren, sich zusammen zu schließen und einen Aufbruch mitzugestalten. Zudem gab es eine Podiumsdiskussion mit u.a. Regine Hildebrandt und Carola von Braun bei der es eine hitzige Debatte gab, aber genau diese Energie sei wichtig. Diese Energie brachten die Frauen auch auf, um Alternativen zu suchen, wenn sie ihren Arbeitsplatz verloren hatten und sich gemeinsam zu empören. Deshalb ist es wichtig und auch einzigartig, dass es die Frauenwoche bis heute gibt und so viele Frauen daran beteiligt sind.

„Sprung ins Wasser“ – Gewalt gegen Frauen

Dr. Regine Grabowski ergreift nun das Wort und erinnert an die wilden Zeiten in denen Frauen die Frauenhäuser eroberten, obwohl sie aus völlig unterschiedlichen Kreisen kamen. So gab es dann nach der Wende autonome Frauenhäuser und solche in öffentlicher Trägerschaft. Die Problemlagen waren früher klarer – es ging um Gewalt. Heute geht es um viel mehr: Arbeitslosigkeit, Armut, geringe Bildung etc. Deshalb bewundert sie Frauen, die sich bis heute in Frauenhäusern engagieren. Sie berichtet weiter vom Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, der 2001 aufgesetzt und bis 2019 fortgeschrieben wurde und vom Gewaltschutzgesetz, das Betroffenen sehr half.

„Proteststurm“ – Brandenburgs Frauen demonstrieren

Friederike von Borstel denkt zurück und macht deutlich, dass die Frauen damals für ihre Sache gebrannt haben auch weil sie Verliererinnen der deutschen Einheit waren – es wurden zahlreiche Demos organisiert u.a. gegen die Kita-Kürzungen, die Kürzungen bei Frauen- und Familienförderung oder §218. Die Frauenzentren und -häuser waren durch das Engagement der Frauen gut aufgestellt und es gab das Landestreffen Brandenburgischer Frauenvereine, sowie die Forderung nach einem gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm.  Gemeinsam wurde gegen den Sozialabbau in Bonn demonstriert und erste Proteste gegen Rechts verwirklicht.

„Leiter nach Oben“ – Landesgleichstellungsgesetz und Gleichstellungsbeauftragte

Nachfolgend diskutiert Dr. Friederike Haase das seit 1994 wirksame Landesgleichstellungsgesetz und stellt die Frage, ob es tatsächlich wirkungsvoll ist. Sie kommt zu dem Schluss, dass es gebraucht wird, obwohl es schöner wäre, würde es nicht gebraucht. Auch Regine Hildebrandt sei zuerst nicht von der Notwendigkeit überzeugt gewesen, aber auch sie konnte überzeugt werden.

Ines-Angelika Lübbe gratuliert dem FPR zu einem Alter, in dem noch geträumt wird – auch wenn mit den politischen Träumen am Landtag vorbeigekommen werden muss und das schwierig sei, wenn dort nur alte Männer säßen. Die Stolpersteine, die Gleichstellungsbeauftragten und auch dem FPR in den Weg gelegt wurden, waren oft große Brocken, um Gleichstellung und Anerkennung musste arg gerungen und der Respekt selber verdient werden. Ohne die Vereine, Verbände, GBA‘s, Organisationen und die vielen, vielen aktiven Frauen gäbe es kein Landesgleichstellungsgesetz, deshalb ist dies ein Jubiläum für alle um gemeinsame Erfolge zu feiern.

„Trampolin“ – Gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm I & II

Zuletzt gibt Ulrike Häfner einen Überblick über die Arbeit des FPR am Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm. Nachdem es ein Gender Budgeting und ein GPR in Berlin gab wurde deutlich – Brandenburg braucht das auch! Es bedeutete Absicherung der Frauenhäuser, bessere Ausstattung der Geschäftsstellen, öffentlichkeitswirksame Kampagnen gegen Sexismus, Instrumente zur Arbeitsmarktförderung von Frauen und vieles mehr. Es brauchte zwei Jahre, viele Treffen mit Ministerinnen, Ministern und dem Ministerpräsidenten, Kooperationen mit den Frauenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen, einen Fachausschuss und schließlich einen Beschluss im Landtag. Mittlerweile ist das GPR II in Kraft und neues Ziel ist es, dass die Strukturen so offen sein sollen, dass neues außerhalb von etablierten Strukturen entstehen kann.

Nach den Meilensteinen treten die Sprecherinnen des Frauenpolitischen Rates und die Referentinnen auf. Sie sprechen zu den Themen, die sie jeweils dazu bewegen frauen- und gleichstellungspolitisch aktiv zu sein. Dabei machen sie deutlich, dass alle Themen Frauenthemen sind, Frauenpolitik nicht ohne eine feministische Bewegung funktioniert die sich empört und unbequem ist, Frauen in der Politik noch immer weniger präsent sind, selbstbestimmtes und gewaltfreies Leben das Ziel ist und sie insbesondere angesichts der Wahl der AfD gegen die Rolle rückwärts antreten müssen.

Abschließend gibt es erneut Musik und das Buffet wird eröffnet. Außerdem wird auch die Foto-Mitmach-Aktion von Heike Isenmann fortgesetzt, die alle Frauen einlädt sich mit einem Polaroid-Foto porträtieren zu lassen und ein Statement zu setzen. Es wird sich vernetzt, wichtige Dinge besprochen, geschlemmt, dem Konzert gelauscht…

… eine gelungene Würdigung für ein Vierteljahrhundert Überzeugungsarbeit!

Text: Laura Schleusener

Fotos: Simone Ahrend, sah-photo.de

 

Es gab unzählige große und kleine Hürden zu meistern, so viele mutige und starke Stimmen und ein stetig wachsendes Netzwerk an tollen Frauen… Viel Vergnügen beim Stöbern!

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