Geben und Nehmen

Die Förderung von Völker­verständigung, Toleranz und internationaler Gesinnung steht als ein Arbeitsschwerpunkt in der Satzung des Demokratischen Frauenbundes, Landesverband Brandenburg e. V. schon seit 1991 festgeschrieben.

Durch vielfältige Hilfen für Menschen mit Migrations­hintergrund wird dies umgesetzt und die Cottbusser Kontaktstelle „Frauen für Frauen“ arbeitet – hauptsächlich für und mit Frauen – bereits seit 26 Jahren. Nach der Wiedervereinigung hatte alles mit Spätaussiedlerinnen angefangen.  Annelie Reißmann ist seit 1993 dabei.  Sie arbeitet seitdem als Leiterin der Kontaktstelle; seit 2015 ausschließlich im Ehrenamt.

Die Cottbusser Kontaktstelle „Frauen für Frauen“ gibt es seit 26 Jahren

An diesem Freitagmorgen sitzen mehr als ein Dutzend Frauen und auch zwei Männer aus Afghanistan, Kamerun, der Russischen Förderation und Tschetschenien rund um den großen Tisch versammelt, um zusammen mit deutschen Bundesfreiwilligen und Ehrenamtler*innen die Aktivitäten der Kontaktstelle für die kommende Woche zu besprechen. Ein Sommerfest in der Cottbusser Neubausiedlung Schmellwitz und eine Veranstaltung in einer Gemeinschafts- unterkunft für Geflüchtete stehen unter anderem auf dem Plan.

Annelie Reißmann und Ludmilla Wolf

Die Frauen, von denen einige noch sehr wenig Deutsch sprechen, werden jedoch entsprechend ihrer Fähigkeiten eingebunden, und verständigen sich, wenn nötig, auch mit Händen und Füßen. Ludmilla Wolf hingegen ist schon lange in der Lage, andere beim Sprachenlernen zu unterstützen. Die 65-Jährige, die Ende der 1990er Jahre aus Kasachstan nach Cottbus kam und in ihrer Heimat als Fleischerin arbeitete, hilft inzwischen seit sechs Jahren in drei Kindergärten der Stadt den jüngsten Geflüchteten spielerisch beim Erlernen der deutschen Sprache.

Mithilfe von Spielen, Bewegung und kleinen Ritualen unterstützt sie so deren normale Entwicklung in der Kindertagesstätte, und versucht, die oft schwierigen Bedingungen in Gemeinschaftsunterkünften und Übergangswohnungen zu kompensieren. Auch Ludmilla Wolf arbeitet ehrenamtlich bzw. über verschiedene Förderprogramme wie die Kommunalkombi oder den Bundesfreiwilligendienst in der Kontaktstelle. Auch jetzt als Rentnerin will sie nicht allein zu Hause sitzen, sondern lieber mit Kindern zusammen sein.

Letztlich profitieren alle – Einheimische und Neubürger*innen

Letztlich profitieren alle, sagt Annelie Reißmann, die promovierte Soziologin und ausgebildete Sozialpädagogin ist, von dem interkulturellen Zusammensein. Die Frauen aller Altersgruppen lernen sich in einem geschützten Rahmen kennen und müssen bei den Projekten, in denen sie zusammenarbeiten, miteinander kooperieren lernen. Und: Die Arbeitssprache ist Deutsch und die Sprechfähigkeit verbessert sich bei allen, die beispielweise über das Bundesprogramm „Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“ (FIM) der Kontaktstelle zugeteilt werden, von Woche zu Woche.

Loretta Andreasyan

Im Rahmen dieses Programms besuchen die Frauen auch gemeinsam u. a. das Theater, den Branitzer Park und auch eine evangelische Kirche der Stadt. Und es sei sehr bewegend gewesen, wie Christinnen,  Muslimas und Atheistinnen von einem Orgelkonzert gleichermaßen ergriffen waren. Oder, wie Christine Blumhagen erzählt: „Wir haben von den Kindern gelernt, wie man in Afghanistan Murmeln spielt.“

Miteinander lachen und kooperieren Lernen

Diese Gemeinschaft der Frauen hat auch Loretta Andreasyan bei ihrer Verwurzelung in Deutschland unterstützt. Die 41-Jährige iranische Armenierin kam vor 16 Jahren in Cottbus an. Jetzt arbeitet die dreifache Mutter seit Herbst 2016 als Übersetzerin für Persisch, Dari und Armenisch bei der Malteser Betreuung GmbH. Im Iran durfte Loretta Andreasyan keine Schule besuchen. Es ist ihre erste Vollzeit-Anstellung, seit sie vor acht Jahren ihren Aufenthaltstitel bekam.

Die Frauen und Männer, die gerade in der Kontaktstelle arbeiten

Ich hab‘  Glück gehabt!“, sagt Loretta Andreasyan, aber auch, dass man sich in Deutschland zeigen und auch mal ‚umsonst‘ arbeiten muss. Sie habe immer irgendwo angedockt und ist auch heute noch oft in der Kontaktstelle „Frauen für Frauen“ präsent. Von ihren Erfahrungen kann möglicherweise auch die 22-jährige Tschetschenin Elina profitieren, die jetzt für ein halbes Jahr dort arbeitet.

Text: Astrid Priebs-Tröger
Fotos: Anne Heinlein

Der Demokratische Frauenbund e.V. (dfb) ist ein parteien- und konfessions­übergreifender, gemeinnütziger Verein mit juristisch und wirtschaftlich selbständig arbeitenden Landes­verbänden in fünf Bundesländern und zwei Regional­verbänden.

Er wurde am 27. Oktober 1990 als Nachfolge­organisation des DFD neu gegründet und hatte in den vergangenen zwei Jahrzehnten einen nachhaltigen Einfluss auf die Frauen- und Familienpolitik der Bundesrepublik Deutschland.

Der Landesverband Brandenburg des Demokratischen Frauenbundes e. V. wurde ebenfalls 1990 gegründet. Zurzeit hat der Verein 545 Mitglieder in 24 Basisgruppen im ganzen Land Brandenburg. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern des Frauenpolitischen Rates.

Hauptzweck des Vereins ist laut Satzung die Förderung des demokratischen Gemeinwesens durch die besondere Förderung der Gleich­berechtigung von Frauen und Männern in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, der Familie und auf sozialem Gebiet.