Packen Wir es An – Die Rede des FPR zum 25.11.2025 zum Tag der Beseitigung der Gewalt an Frauen
Rede zur Flaggenhissung am 25.11.2025 vor dem Landtag in Potsdam:

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
sehr geehrter Herr Staatssekretär,
sehr geehrte Abgeordnete des Brandenburger Landtages, sehr geehrte Damen und Herren,
Mein Name ist Ruth Wagner. Auf Vorschlag der Landesarbeitsgemeinschaft Feminismus von Bündnis/ Die Grünen wurde ich im letzten November als eine der Sprecherinnen des Frauenpolitischen Rates gewählt. Bereits im letzten Jahr empfand ich es als besondere Ehre, kurz nach meiner Wahl an der Flaggenhissung am Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen hier im Brandenburger Landtag teilnehmen zu können. Das empfinde ich auch im diesem Jahr nicht anders, zudem ich heute einige Worte an Sie richten darf.
Die Umstände allerdings haben sich verändert. Aus unserer Sicht leider nicht zum Guten.
Das vor wenigen Tagen veröffentlichte Bundeslagebild für 2024 zu geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten sowie zur häuslichen Gewalt spricht eine deutliche Sprache. Obwohl es in der Gesellschaft eine gesteigerte Wahrnehmung und Analyse zu diesen Vorgängen gibt. Die Gewalt gegen Frauen nimmt weiter zu.
Das macht uns fassungslos.
Zwar sind auch einige positive Entwicklungen wahrzunehmen:
Die Kampagnen zur Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen aus der Istanbul – Konvention greifen
Die Vernetzung und der strategische Austausch zur Umsetzung des im Februar verabschiedeten Gewalthilfegesetzes gelingen
Gewaltschutz ist in der Öffentlichkeit vermehrt ein Thema.
Andererseits:
Viele Hilfeorganisationen befinden sich – unverändert – am Limit.
Frauenhäuser sind und bleiben überlastet, immer wieder müssen hilfesuchende Frauen abgewiesen werden,
Fachkräfte kommen an die Grenzen ihrer Arbeitsfähigkeit und leisten täglich Unglaubliches,
Neue Fachkräfte zu gewinnen und zu halten ist insbesondere in der Fläche des Landes unter diesen Umständen eine besondere Herausforderung.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass alle Akteure des Gewaltschutzes eine starke Stimme haben und verlässliche Rahmenbedingungen.
Das gilt für Organisationen, die Notunterkünfte und Beratung gewähren.
Das gilt gleichermaßen für Organisationen, die die Interessenvertretung gegenüber der Gesellschaft,
Verwaltung und Politik übernehmen, um Gewaltschutz und Gleichstellungsarbeit dort nachhaltig zu vertreten.
Dazu zähle ich:
Die Koordinierungsstelle des Netzwerkes der brandenburgischen Frauenhäuser (NbF),
Die dort angegliederten Kontaktstelle der zivilgesellschaftlichen Akteur:innen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Brandenburg (KIKO),
Den Frauenpolitischen Rat Land Brandenburg (FPR),
Die dort angegliederte Kontakt- und Koordinierungsstelle für Mädchenarbeit im Land Brandenburg (KuKMA).
Alle Organisationen liefern mit ihrer Arbeit nicht nur ihre Beiträge zum „nachfolgenden“ Gewaltschutz. Die Aufklärungsarbeit zur strukturellen Ungleichheit der Lebensverhältnisse von Frauen, die nachhaltige Forderungen nach gleicher Teilhabe und Chancen in unserer Gesellschaft sind auch ein Stück Gewaltprävention.
Die wirkungsvolle Arbeit dieser Verbände ist an eine grundlegende Voraussetzung gebunden:
Die auskömmliche und verlässliche Finanzierung für Personal- und Sachkosten und die finanzielle Planbarkeit über die Jahreswechsel hinweg.
Nur so ist Kontinuität für die thematischen Arbeitsfelder gewährleistet.
Wie aber sieht die finanzielle Situation der Verbände aus?
Sie ist äußerst angespannt:
Ich stelle sie hier in Grundzügen dar:
Nach dem Regierungswechsel und dem Beschluss des Doppelhaushaltes 2025/2026 gab es wochen- und monatelang Ungewissheit über den Umgang mit den gestellten Anträgen. Unsere Mitarbeitenden waren bereits zur Vermeidung von Nachteilen zur Arbeitslosmeldung bei der Arbeitsagentur aufgefordert.
Dabei hatte der Landtag im Doppelhaushalt 2025/2026 das notwendige Finanzvolumen für die Förderung im Juni beschlossen. Ebenso enthält der Haushaltsplan 2025 Verpflichtungsermächtigungen 2026 bis 2028 zur überjährlichen Absicherung des Verbandes für Personal- und Mietkosten.
Die Haushaltsmittel bis 2028 stehen also zur Verfügung. Sie müssen jedoch dringend noch in diesem Jahr bewilligt werden.
Wir appellieren an das Ministerium für Gesundheit und Soziales:
Geben Sie die im Haushaltsplan enthaltenen Mittel für die vorgesehenen Zwecke frei, damit sie noch in diesem Jahr abgerufen werden können und nicht verfallen.
Viele soziale Organisationen und Verbände im Land Brandenburg stehen unter finanziellem Druck. Manche sind gezwungen, ihr Arbeit stark einzuschränken oder einzustellen.
Dies betrifft z.B.:
– Familienverbände, etwa ausgerechnet für Alleinerziehende im Land Brandenburg!!!
– Anlaufstellen für Schwangerenberatung & Schwangerschaftskonfliktberatung in der Fläche,
– Antidiskriminierungsarbeit, wie sie die Opferperspektive Brandenburg seit Jahren vorbildlich und einzigartig voranbringt,
– Wichtige Bildungsarbeit, wie die des Regenbogenkombinats von AndersArtig e.V., die zur Sensibilisierung für Geschlechtervielfalt unerlässlich ist.
Sie sind so wichtige Pfeiler für den Erhalt unserer Demokratie!
Machen Sie diese Strukturen in Zeiten des Rechtsrucks in der Gesellschaft der Zivilgesellschaft nicht kaputt!
Heute zieht sich ein langes orangenes Band hier durch den Innenhof des Landtags. Wir zeigen damit, welchen Umfang Maßnahmen zum Gewaltschutz haben und wir zeigen die vielen unterschiedlichen Akteur:innen, die dazu beitragen.
Nur gemeinsam mit allen können wir in Brandenburg wirksame Gewaltprävention, Gewaltschutz und Gleichstellungsarbeit erreichen!
An diesem Tag geht unser Appell an die Landesregierung, an die Ministerin Frau Müller und an Sie, Herr Staatssekretär Wahl, packen Sie es an!















