Gleichstellungsarbeit und Gewaltschutz in Brandenburg in die Ecke gedrängt: Gesundheits- und Sozialministerin Britta Müller gefährdet überjährige Finanzierung
Pressemitteilung des Frauenpolitischen Rates Land Brandenburg e.V. (FPR)
Potsdam, 20.11.2025
Der Frauenpolitische Rat Land Brandenburg e.V. (FPR) schlägt Alarm: Die langfristige Sicherung der gleichstellungspolitischen Arbeit im Land ist akut bedroht. Zwar wurde der Änderungsantrag für 2025 nach langem Warten inzwischen bewilligt, doch die überjährige Förderung für die Jahre 2026 bis 2028 bleibt unklar, sowohl für die Geschäftsstelle, als auch die Kontakt- und Koordinierungsstelle für Mädchenarbeit im Land Brandenburg (KuKMA).
Seit 2018 erhielt der FPR für seine Geschäftsstellenarbeit eine mehrjährige Förderung, die es ermöglichte, Planungssicherheit und Kontinuität in den umzusetzenden Zielen und die Aussicht zu erlangen und die angestellten Fachkräfte zu halten. Bisher gibt es nur ein mündliches Bekenntnis der Ministerin für eine Weiterförderung im Jahr 2026 und die Aufforderung, für den nächsten beschlossenen Doppelhaushalt 2027 und 2028 die Förderung neu zu beantragen. Bei der KuKMA in Trägerschaft des FPR ist der Sachverhalt ganz ähnlich gelagert. Klar ist jedoch: Gleichstellungspolitik ist kein kurzfristiges Projekt, sondern eine Daueraufgabe, die langfristige Strukturen, Personal, Vernetzung und fachliche Begleitung erfordert. Ohne die überjährigen Mittel droht der FPR und all seine Projekte und Mitarbeitenden in eine Phase der Unsicherheit zu geraten – mit unmittelbaren Konsequenzen für die Arbeit des FPR und der Vertretung seiner Mitgliedsorganisationen. Das bedeutet: Ohne eine überjährige Förderung besteht die Gefahr, dass der FPR allen Mitarbeitenden zum 31. Dezember 2026 kündigen muss. Das betrifft die Geschäftsstelle, die KuKMA sowie weitere Projektstellen, wie die angegliederten Koordinierungsstellen für die FrauenOrte im Land Brandenburg, für die Brandenburgischen Frauenwochen sowie für Feministische Kommunalpolitik.
Die überjährige Förderung ist im laufenden Haushaltsjahr 2025 des Landes Brandenburg bereits durch Verpflichtungsermächtigungen für 2026, 2027 und 2028 vorgesehen. Sollten diese nicht im Jahr 2025 genutzt werden, verfallen die Mittel – und stehen weder dem FPR noch anderen gleichstellungs- oder gewaltschutzrelevanten Projekten im kommenden Jahr zur Verfügung.
Das betrifft nicht nur den FPR selbst, sondern auch andere wichtige Akteur*innen und Mitgliedsorganisationen des FPR, wie die Koordinierungsstelle des Netzwerks der brandenburgischen Frauenhäuser e.V. (NbF) mit ihrer angegliederten Kontaktstelle der zivilgesellschaftlichen Akteur*innen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Brandenburg (KIKO). In einem offenen Brief macht das NbF deutlich, dass fehlende überjährige Finanzierung existenzielle Risiken für die Versorgung und den Schutz von Frauen und Kindern bedeutet.
Der FPR arbeitet eng mit diesen Strukturen zusammen: Gleichstellungspolitik und Gewaltschutz gehören untrennbar zusammen. Nur wenn Frauen wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich gestärkt werden, kann Gewalt wirksam vorgebeugt werden – ein Kernelement der Istanbul-Konvention, die Brandenburg zur Umsetzung verpflichtet. Die Arbeit des FPR und seiner Mitgliedsorganisationen ist somit direkt an die Vorgaben der Konvention gebunden.
Appell an die Ministerin: Verantwortung übernehmen
„Wir wissen, dass Ministerin Müller die Bedeutung unserer Arbeit kennt. Wir appellieren an sie, die bereits vom Landtag beschlossenen Mittel für 2026–2028 zu nutzen und damit Planungssicherheit zu schaffen“, so Hella Hesselmann, Finanzverantwortliche Sprecherin des FPR „Gleichstellungspolitik ist kein kurzfristiges Projekt. Sie ist ein Kernbestandteil demokratischer Verantwortung und des Schutzes vor Gewalt.“
Die überjährige Förderung betrifft die gleichstellungspolitische Infrastruktur Brandenburgs. Ohne sie werden wesentliche Strukturen und Initiativen des FPR und seiner Mitgliedsverbände gefährdet und wichtige Arbeit nicht übernommen.
35 Jahre Engagement sichern
Seit über 35 Jahren gestaltet der FPR die gleichstellungspolitische Infrastruktur Brandenburgs maßgeblich und setzt damit die Tradition des Selbstverständnisses und Notwendigkeit von Gleichstellung im Land fort – mit Engagement, Fachkompetenz und Herzblut. Die überjährige Förderung sichert die Fortführung dieser Arbeit, die unmittelbar auf die Umsetzung der Istanbul-Konvention und die Verwirklichung von Gleichstellung und Gewaltschutz zielt. „Wir stehen bereit, weiterhin konstruktiv Lösungen zu finden. Was wir brauchen, ist Verlässlichkeit, damit Gleichstellungspolitik und Gewaltschutz nicht zum Spielball politischer Unsicherheit werden“, schließt Ruth Wagner, Sprecherin des FPR ab.
Hintergrund
Der Frauenpolitische Rat Land Brandenburg e.V. (FPR) ist ein Zusammenschluss von derzeit 26 Frauenverbänden, -organisationen und -vereinen sowie Frauengruppen der Gewerkschaften, Kirchen und Parteien im Land Brandenburg. Wir sind partei- und konfessionsübergreifend und vertreten die Interessen von ca. 300.000 organisierten Frauen im Land. Gemeinsam setzen wir uns für politische Chancengleichheit und Gleichberechtigung der Geschlechter ein.


