10 Jahre Istanbul Konvention

Posted by on Mai 11, 2021 in Allgemein

 

Am 11. Mai 2011 unterzeichneten die ersten 13 Staaten das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ bekannt als „Istanbul Konvention“.

Maßnahmen, die zum Schutz und zur Prävention vor Gewalt gegen Frauen eingeführt werden, sollten alle Personengruppen mitdenken, z.B. Frauen mit Behinderungen, mit Fluchterfahrung oder ohne Meldeadresse. Frauen aus sogenannten vulnerablen Gruppen sollten in Brandenburg ebenso Schutz und Beratung erhalten können, wie alle anderen Frauen. Dafür müssen die Hürden, die für sie bestehen, beseitigt werden. Dazu zählen unter anderem barrierefreie Zugänge zu Frauenhäusern und Beratungsstellen. In Brandenburg werden einige Frauenhäuser teilweise gerade in diesem Sinne umgebaut. Es braucht aber noch deutlich mehr Mittel, um alle Maßnahmen allen Frauen zugänglich zu machen. Vor allem muss eine Finanzierung bereit gestellt werden, die das alles möglich macht.

 

Verschiedene Institutionen und Organisation müssen zusammenarbeiten, um den Schutz für von Gewalt betroffene Frauen gewährleisten zu können. So braucht es Polizeischulungen zum Thema #GewaltGegenFrauen und Jugendämter müssen sowohl das Wohl der Kinder, als auch das der von Gewalt betroffenen Mutter im Blick haben. Daher braucht es eine reibungslose Zusammenarbeit verschiedener Organisationen, die dem Schutz von Gewalt betroffenen Personen dienen – wie z.B. der Opferberatung, der KuKMA, dem Weißen Ring, der BAG – Fachstelle Gewaltprävention Brandenburg, den Jugendämtern, Jobcentern, Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete sowie der Polizei. Die Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen in Brandenburg, wie auch der FPR sind bereits gut mit der Landesgleichstellungsbeauftragten, dem ZIF, der FHK und dem bff vernetzt.

Eine benachteiligende Geschlechterrollenzuweisung, ist eine Ursache von Gewalt gegen Frauen und Mädchen und muss allumfassend bekämpft werden.

Gendersensible Bildung und Jugendarbeit beginnt schon bei den ganz Kleinen. Brandenburg hat im Rahmenlerhplan geschlechtergerechte Bildung aufgenommen. Viele Träger bieten zudem Bildungsangebote auch für Schulklassen an. Hier soll nicht nur sexuelle Aufklärung erfolgen, sondern auch Konsens und geschlechtliche Vielfalt vermittelt werden. Zudem gibt es die Leitlinien zur geschlechtergerechten Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und für den erzieherischen Kinder- und Jugendschutz, die eine gute Grundlage bilden. Doch es braucht eine Evaluation, die zeigt ob die Maßnahmen wirken und umgestezt werden. Das alles bedarf zudem einer personellen und finanziellen Untersetzung. 

In Brandenburg gibt es 5 Mädchenprojekte, in denen Mädchen ein Freiraum geboten wird, sich zu entfalten und sich gegenseitig zu unterstützen. Diese Räume müssen erhalten und ausgebaut werden. Sie sind gerade jetzt, in der Pandemie, ein wichtiger Rückzugsraum und eine Anlaufstelle.

Bewusstseinsbildung gegen und Prävention von Gewalt an Frauen muss gefördert werden. Um allen Frauen, die von Gewalt bedroht oder betroffen sind, Hilfe anbieten zu können, müssen die Schutz- und Beratungsstellen bekannt sein, sowie Kampangen in der Öffentlichkeit platziert werden, die auf das Thema hinweisen. In Zeiten von Corona engagierten sich viele Mitarbeiterinnen von Schutzeinrichtungen und Beratungstellen, um die Frauen, die meist nicht mehr im öffentlichen Raum anzutreffen waren, zu erreichen. Über Flyer in Wohnungseingängen, Kampagnen, die Nachtbarn aufmerksam machen sollen, oder auch durch eine verstärkte SocialMedia-Arbeit. Dazu brauchen die Beratungstellen und Frauenhäuser aber auch freie Kapazitäten, die sie in ihrer täglichen Arbeit kaum haben.

Darüber hinaus müssen auch die entscheidenden Stellen geschult werden bzw. auf das Problem hingewiesen werden – wie z.B. Polizei, Jugendämter, aber auch die Medien in der Berichterstattung über Gewalt an Frauen. 

Frauenhäuser und -beratungsstellen müssen in angemessener geografischer Verteilung vorhanden sein. Zudem muss es zentrale spezialisierte Fachberatungsstellen geben. Es ist Ländersache, die Istanbul-Konvention flächendeckend zu erfüllen. In Brandenburg gibt es 127 statt der in der Istanbul-Konvention geforderten 251 Familienplätze und zwei statt der in den Richtlinien geforderten 13 spezialisierten Fachberatungsstellen. 

Frauenhäuser und spezialisierte Fachberatungsstellen sind systemrelevante Infrastruktur. Es ist Aufgabe der Länder, den Schutz vor und die Fürsorge bei Gewalt gegen Frauen zu sichern. 

Betroffene von Gewalttaten(sowohl mit physischen, als auch mit psychischen Folgen) müssen entschädigt werden. Jede Gewalttat hinterlässt Wunden. Daher braucht es eine Entschädigung – dies kann z.B. in Form einer Reha, einer Sozialmaßnahme oder in Form von finanzieller Entschädigung geschehen. Es braucht klare Zeichen für die Betroffenen (in Form von Unterstützung) wie auch für die Täter*innen (Ablehnung ihrer Taten).

Die Istanbul-Konvention wurde heute vor zehn Jahren von den ersten Staaten unterzeichnet. Deutschland  unterzeichnete die Istanbul-Konvention erst 2018. In Deutschland – und damit auch in Brandenburg – ist noch viel zu tun, um den Schutz von Gewalt betroffenen Frauen und deren Kindern zu geährleisten. Packen wir es an!

Text: Landesgleichstellungsbeauftragte Manuela Dörnenburg & Koordinierungsstelle des Netzwerks der brandenburgischen Frauenhäuser