Doppeldeutig? Eindeutig Sexistisch!

Posted by on Mrz 16, 2022 in Allgemein

Am vergangenen Wochenende veröffentlichte Benjamin Lassiwe, der Vorsitzende der Brandenburger Landespressekonferenz in herrenwitziger Manier Pressefotos verschiedener CDU-Abgeordneter. Der ganze Witz dieses Kommentars besteht darin, eindeutig herabwürdigende und frauenfeindliche Assoziationen zu wecken: Die Politikerinnen werden wegen ihrer Kleidung und ihres Auftretens in die Nähe osteuropäischer Prostituierter gerückt, deren Anblick “Fernfahrer” “erfreut”. Das allein wäre als Herabwürdigung auf öffentlicher Bühne ärgerlich genug. 

Zusätzlich dazu bedient es ein eingespieltes Muster: Der Kommentar steht stellvertretend für einen der zentralen Gründe, aus dem viele Frauen der Politik fernbleiben: Sie werden auf ihr Aussehen und ihr Geschlecht reduziert, wenn den Herren sonst nichts mehr einfällt, um sie zu kritisieren. Fachlichkeit, Kompetenz, politische Leistungen und eine Anerkennung ihrer inhaltlichen Arbeit bleiben auf der Strecke/werden nicht thematisiert, geschweige denn positiv hervorgehoben. 

Herr Lassiwe bietet, während er sich über Doppeldeutigkeiten zu echauffieren meint, eindeutige Einblicke in seine eigene, sexistische und sozialchauvinistische Weltsicht. Frauen, die als Prostituierte arbeiten, taugen ihm als Spottobjekt. Politikerinnen haben sich gefälligst so zu kleiden, wie er es für ziemlich hält, und Fernfahrer sind eine Metapher für einen ästhetisch anspruchslosen Blick auf die Welt. Auch darum wird es höchste Zeit, dass mehr Frauen in Politik und Presse arbeiten: damit solche, den unterstellten Vorurteilen der Leser:innenschaft auf die Schulter klopfenden, alle anderen herabwürdigenden Kommentare eines Tages nicht nur gestrig wirken, sondern wirklich der Vergangenheit angehören. In der Zwischenzeit könnte Herr Lassiwe sich zumindest bei den betroffenen Frauen öffentlich und ehrlich, vor allem aber einsichtig entschuldigen.

Update: Inzwischen ist eine Folgekolumne erschienen, in der Herr Lassiwe sich einsichtig zeigt. Wir sehen also, dass sich Protest und Diskussion lohnen kann.

 

Text: Verena Letsch