Stellungnahme des FPR zum „Marsch für das Leben“ am 21. September in Berlin

Posted by on Sep 24, 2019 in Allgemein

Am Samstag, den 21.09.2019, veranstaltete der Bundesverband Lebensrecht einen Schweigemarsch in Berlin. Die Lebensschutzbewegung vertritt konservative, zum Teil völkische und antifeministische Meinungen und fordert, Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland gänzlich zu verbieten. Es nahmen dieses Jahr über 5.000 Menschen an der Demonstration teil, ca. 2000 weniger als im Vorjahr. In den ersten Reihen liefen auch dieses Jahr wieder bekannte Vertreter und Vertreterinnen der AfD mit, wie zum Beispiel Beatrix von Storch.

Der Frauenpolitische Rat Land Brandenburg e.V. kritisiert den „Marsch für das Leben“ und seine Forderungen scharf. Die Kriminalisierung von Abtreibung führt dazu, dass Schwangerschaftsabbrüche in der Illegalität stattfinden: unter schwierigsten Bedingungen, und vielfach mit Komplikationen. Die WHO ging 2017 von etwa 47.000 Frauen aus, die weltweit an den folgen illegaler Schwangerschaftsabbrüche starben.

Heiderose Gerber: „Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über den eigenen Körper ist eine Grundforderung der Frauenbewegung. Für uns steht das Recht der Frau auf einen legalen und kostenlosen Schwangerschaftsabbruch – unabhängig von den Gründen, die die Frau zu diesem Schritt bewegen – außer Diskussion. Das oberste Prinzip, das uns zu dieser Überzeugung führt, ist das der Legitimität körperlicher und sexueller Selbstbestimmung der Frau.“

Die Wortwahl der Organisator*innen des „Marsches für das Leben“ ist moralisch verurteilend, emotional aufgeladen und durchzogen von Begriffen, die einen eindeutigen Bezug zum Nationalsozialismus aufbauen. So ist etwa die Rede von „Euthanasie“, „Selektion“ und „lebensunwertem Leben“. Auf ihren Schildern stehen Parolen wie „Stoppt den Babycaust“. Menschen, die Schwangerschaftsabbrüche erlebt haben sowie die durchführenden Kliniken und Ärzt*innen werden damit sprachlich in eine Linie mit den Verbrechen des Nationalsozialismus gestellt.

Zum Hintergrund: Schwangerschaftsabbrüche sind im Strafgesetzbuch in den §218 und §219 geregelt. Abtreibungen sind in Deutschland illegal, sie sind aber innerhalb der ersten 12 Wochen straffrei – nach einer Schwangerschaftskonfliktberatung und einer danach folgenden dreitätigen Bedenkzeit. In §219 wird ausdrücklich formuliert, dass die Beratung ein klares Ziel verfolgt: „die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen“. Die Paragraphen 218 und 219 stehen bis heute in der Kritik von Feminist*innen, denn das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über den eigenen Körper ist eine Grundforderung der Frauenbewegung. Anstelle von moralischer Verurteilung braucht es einen sachlichen Umgang mit dem Thema sowie das Recht auf einen legalen und kostenlosen Schwangerschaftsabbruch, unabhängig von den Gründen, die dazu führen. Darüber hinaus sollten wir die gesellschaftlichen Verhältnisse und die soziale Situation der Frauen, in denen ihre individuellen Entscheidungen stattfinden, nicht aus den Augen verlieren.

Verena Letsch

Referentin für Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit

Frauenpolitischer Rat Land Brandenburg e.V.