Wir müssen parteiübergreifend zusammenstehen!

Ich bin seit mehr als zweieinhalb Jahrzehnten Landesgeschäftsführerin des Demokratischen Frauenbunds (dfb), Landesverband Brandenburg e.V. Als Diplompädagogin der medizinischen Fachschule Potsdam suchte ich in den Wendewirren wie viele andere eine neue Beschäftigung und stieg über eine ABM-Stelle in den Bereich politische Bildung des dfb im Landesverband Brandenburg ein. Ich sprang damals frauenpolitisch „unbelastet“ in die wilden Wasser der Frauen- und Gleichstellungspolitik.

Anfangs arbeitete ich in immer neuen Maßnahmen, doch ab 1994 gab es durch das Sozialministerium eine 50-prozentige Förderung für die Geschäftsstellen der Frauenverbände und -vereine sowie die Frauen- und Familienzentren. Am 12. September 1992 fand, daran erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen, die jährliche Mitgliederversammlung des dfb Landesverband Brandenburg statt. Und unmittelbar davor stellte mir die ehrenamtliche Landesvorsitzende Gisela Schaarschmidt, nachdem wir uns vierzehn Tage beschnuppert hatten, die entscheidende Frage.

„Hab‘ ich dich eigentlich schon gefragt, ob du die Geschäftsführung machen willst?“ Und obwohl ich damals völlig überrumpelt davon war, entgegnete ich: „Na gut, dann probiere ich es einfach mal“. Wenig später wurde ich offiziell als Landesgeschäftsführerin bestellt, und inzwischen habe ich mich auch an diesen „Titel“ gewöhnt, den ich anfangs zu protzig und viel zu gewaltig fand. Aber, das scheint ein Kontinuum meines Berufslebens zu sein, immer wenn ich gefragt wurde, ob ich mir neue Aufgaben zutraue, habe ich „Ja“ gesagt.

Diese pragmatische Grundhaltung ermöglicht es mir bis heute, den dfb in Brandenburg durch die immer noch reißenden Wasser der Gleichstellungspolitik zu steuern. Und die Projektarbeit von und für Frauen in allen Landesteilen Brandenburgs auszubauen, beziehungsweise aufrecht zu erhalten. Parallel zu uns gründete sich damals auch der Frauenpolitische Runde Tisch, aus dem im März 1992 der Frauenpolitische Rat Land Brandenburg e.V. hervorging und mit dem der dfb von Anfang an eng zusammenarbeitete.

Als Höhepunkte meiner Arbeit sehe ich jede Bewilligung eines Frauenprojektes an, ich bin stolz darauf, wenn es gelingt, (neue) Arbeitsplätze für Frauen zu schaffen und zu sichern. Trotz unterschiedlichster und immer wieder wechselnder Fördermodalitäten. Auch bei den Mehrgenerationenhäusern gehörten Projekte des dfb in Brandenburg zu den ersten, die ab 2006 bewilligt wurden.

Für all das brauchen ich und meine Mitstreiter*innen die so genannten „Stehaufmännchen“- Qualitäten, beziehungsweise die des weiblichen Pendants und eine immer wieder neue Motivation, um für erforderliche finanzielle Mittel zu kämpfen. Zu „Hochzeiten“ der Förderung – Ende der 1990er bis Anfang der 2000er Jahre – hatte der dfb in Brandenburg 322 Beschäftigte in 53 Maßnahmen an 35 Standorten. Und es kostet(e) immer viel Überwindung, nicht mehr geförderte Standorte aufzulösen. Das ist bis heute so.

Auch in der Gegenwart steht der Kampf ums Geld im Mittelpunkt meiner Arbeit, wenngleich das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm auch Chancen für neue Projekte eröffnet hat. Doch ohne mein engagiertes Team aus Vorstandsfrauen, des fachlichen Beirates und der Landesgeschäftsstelle wäre dies alles nicht zu bewerkstelligen.

Auch der dfb feiert, wie die Brandenburgische Frauenwoche, in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass starteten wir 2019 das Projekt „30 Jahre, 30 Frauen, 30 Geschichten“, dessen Geschichten auf der facebook- und auf der dfb-Webseite jetzt in loser Folge veröffentlicht werden. Ich habe dafür im Gespräch mit der Journalistin Astrid Priebs-Tröger zurückgeblickt und auch einen Ausblick in die Zukunft gewagt:

Für die Zukunft und die Zusammenarbeit im Frauenpolitischen Rat wünsche ich mir, dass wir in diesen politisch bewegten Zeiten noch enger zusammenstehen, dass sich alle demokratischen Kräfte parteiübergreifend gegen den Rechtsextremismus zusammenschließen und diesen wirksam bekämpfen. Das geht nur, wenn wir unsere Demokratie stärken und das meint, dass wir das Vertrauen in unsere eigene Stimme wiedererlangen beziehungsweise stärken müssen. Wir dürfen uns von den antifeministischen, rassistischen und antidemokratischen Stimmen in unserer Gesellschaft nicht einschüchtern lassen, sondern müssen noch enger als bisher zusammenrücken! Die vergangenen 30 Jahre haben gezeigt, dass wir lieben und auch kämpfen können.

Text: Regina Zube

Bilder: Demokratischer Frauenbund, Landesverband Brandenburg e.V.

Dieser Beitrag erscheint in der Reihe „Zurück in die Zukunft“ anlässlich zur 30. Brandenburgischen Frauenwoche 2020. Die letzten 30 Jahre sind geprägt von Wendepunkten in den Biografien aller Brandenburgerinnen. Mit dem Motto wollen wir nicht nur erinnern – mit unseren Erfahrungen richten wir den Fokus in die Zukunft: Wie soll die Gesellschaft aussehen, in der wir leben wollen? Wöchentlich erscheint ein Beitrag, wenn auch Du oder Sie was schreiben wollen, freuen wir uns über Zusendungen!